Sonnenuhr und Zeitgleichung – Ein Exkurs

Einige Begriffsbestimmungen

Auf die folgenden Ausführungen bezieht sich die Graphik zur Zeitgleichung, die hier abrufbar ist.

Zeitgleichung Δt = Wahre Ortszeit WOZ – mittlere Ortszeit MOZ;
Δt = WOZMOZ (oder kurz WZ – MZ)

Wahre Ortszeit WOZ:
Sie steht in voller Übereinstimmung mit dem Sonnenstand; Sonnenhöchststand ist also immer um 12 Uhr WOZ. Die WOZ beinhaltet demzufolge auch die Einbeziehung der geogr. Länge des Standorts ebenso wie die Ellipsenbahn der Erde und die Projektionseffekte aufgrund der Neigung der Erdachse.

Mittlere Ortszeit MOZ:
Sie ist eine rein fiktive, wenn auch längengradbezogene Zeit: Sie berücksichtigt zwar die geogr. Länge des Standorts, nimmt aber konstante Bahngeschwindigkeit der Erde an (fiktive Kreisbahn statt Ellipsenbahn) sowie eine aufrechte Erdachse, berücksichtigt also auch keine Projektionseffekte. 

Eine historische Bestimmungstafel der Zeitgleichung für jeden Tag des Jahres ist das von Georg Friedrich Brander (17131783) erfundene und von seinem Schwiegersohn Christoph Caspar Höschel (17441820) weiter vertriebene Horodicticum Meridionale“, wovon ein Exemplar im Besitz von St. Stephan ist.

Mitteleuropäische Zeit MEZ:
Die MEZ ist die Mittlere Ortszeit für den 15. Längengrad östl. Länge, z.B. für Görlitz.
Für Augsburg (ca. 11° östl. Länge) gilt als Längenkorrektur: (15° – 11°)*(1 Std./15°) = 4° * 4 Min/​1° = 16 Minuten; die Sonne steht demnach in Augsburg stets 16 Min später im Süden als in Görlitz, also MOZ = MEZ16 Min.
Insgesamt gilt also für Augsburg:
WOZ =
Δt + MOZ = Δt + MEZ16 bzw. MEZ = WOZ – Δt + 16 Min

Den Sonnenhöchststand um WOZ = 12 Uhr zeigt eine nicht korrigierte Sonnenuhr im Extremfall (also im Februar mit Δt = ‑14 Minuten) erst um 12 Uhr – (- 14 Min) + 16 Min = 12.30 Uhr MEZ an, sie geht also etwa eine halbe Stunde nach.

Eine Sonnenuhr, die – abgesehen von der Sommerzeit – nur maximal eine Viertelstunde falsch geht, ist also längenkorrigiert, und zwar dadurch, dass ihr Schattenstab um einen entsprechenden Winkel aus der Nord-Süd-Richtung nach Westen gedreht ist; sie geht dann an den 4 Tagen im Jahr, an denen Δt = 0 ist, genau! Das ist lt. Abb. der Fall am 16. April, 15. Juni, 7. September, 26. Dezember. Infolge Sommerzeit bleibt freilich nur der 2. Weihnachtstag übrig. 

Auf die vorherigen Ausführungen bezieht sich die Graphik zu den Projektionseffekten, die hier abrufbar ist.