Im Dienste der Wahrheit
„Journalismus ist ein Handwerk“. Mit diesen Worten beschrieb Daniel Wirsching seine Tätigkeit als Redakteur der Augsburger Allgemeine: Seine Schwerpunkte sind Kirchenpolitik (siehe die brandaktuellen Missbrauchsskandale) sowie Medien. Anhand beider Felder führte der erfahrene Journalist die Q12 an ihrem Studientag am 12. Oktober 2022 in die Grundlagen des Mediums Zeitung und in die Arbeit eines Journalisten ein.
Zuerst stellte Daniel Wirsching seinen Werdegang kurz vor: Studium der Germanistik, dann eine Ausbildung zum Journalisten, sowie kurz den Aufbau einer Zeitung (von Überregional bis Lokalteil, von Politik bis Wissen).
Anschließend führte er das interessierte Publikum der künftigen Abiturienten in den vielschichtigen Entstehungsprozess eines Zeitungsartikels ein. Und bald wurde klar, dass Journalismus ganz und gar keine Schreibtischangelegenheit ist, sondern ein anspruchsvolles, vielschrittiges Handwerk, das sich für einen qualitätvollen Artikel auch über mehrere Wochen ziehen kann. In einem Beispielsartikel („Wenn sich Glaube und Wirrglaube mischen“ vom Februar 2022) wird der Fall eines Augsburger Petrusbruders behandelt, der in einem Rundbrief Verschwörungstheorien, u.a. zu Corona, verbreitete. Zu Recherchen können nämlich nicht nur die klassischen Fernseh-Livestreams, etwa wie derzeit aus Kriegsgebieten, gehören, sondern auch, wie hier, Incognito-Nachfragen und Beobachtungen eines Kollegen in Querdenker-Chats auf Telegram. Aber auch direkte Nachforschungen vor Ort – hier in der Kirche des Petrusbruders, aber auch mit seinen Vorgesetzten – sind, mitsamt manchmal abweisenden Reaktionen betroffener Personen, Teil des Prozesses. Denn die direkte Konfrontation der jeweiligen Person/en sei dafür unverzichtbar, so Wirsching. Wichtig ist also die sorgfältige Auswahl und Sicherung der Quellen (Sind sie seriös? Gibt es noch Screenshots von dem Rundbrief, der seit Beginn der Recherché plötzlich vom Internet verschwunden ist?). Dann müssen zu der Faktenbasis auch noch Expertenmeinungen geholt werden – hier zum Beispiel u.a. von einem Dekan einer Theologiefakultät. Anschließend muss der Rohtext lektoriert werden, man muss sich Gedanken über das Layout machen.
Der Journalismus mag zwar für viele unangenehme Wahrheiten aufdecken oder politische Karrieren beenden, muss aber selbst ebenso vielen Hindernissen standhalten: Über Drohbriefe, Androhungen vom Konsultieren des eigenen Anwalts bis hin zu den Fake-News. Falschinformationen sind, gerade durch die Globalisierung, nämlich zu einem ernstzunehmenden Thema geworden: Sowohl in Nachrichtenseiten im Internet, WhatsApp oder auf Instagram. Dafür zeigte Daniel Wirsching Möglichkeiten, Falschnachrichten und ‑bilder zu erkennen, wie durch Vergleiche von Texten in Internetarchiven oder Seiten zur Erkennung von Photoshop-Einsatz. Am Schluss rundete Wirsching den einsichtsreichen Vortrag durch eine Fragerunde ab.
So wurde am Ende für alle klar, dass Zeitungen zwar keine minutiösen Schnellinformationen wie die Tagesschau liefern, aber als zeitaufwendige Printmedien mit sorgfältig verfassten Texten in „Handarbeit“ eine tiefere Verständnisebene schaffen. Denn so können Journalisten (man denke nur an den Ukrainekrieg), ganz im Dienste der Wahrheit, Klarheit in Zeiten der Unklarheit schaffen.