Da rockt die Zirbelnuss
In Augschburg gibt’s koin Samba – da rockt höchstens die Zirbelnuss. Was das Kabarett-Duo „Herr und Frau Braun“ (alias Roland Krabbe und Gabriele Koch) in ihrem aktuellen Programm „Heimatkunde“ an Augsburg-Erkundungen abliefern, reizt die Lachmuskeln nicht weniger als die Nachdenklichkeit.
Die beiden spielten vor einer gut gefüllten Großen Aula eine Benefizvorstellung, deren Erlös (nach Abzug aller Fix- und Unkosten) der Schule für Schülerprojekte zugute kommen wird. Für den Kontakt waren Mittelstufenschüler verantwortlich, denen es gelungen war, das Lokalkabarett-Pärchen für diese Form des indirekten Schulsponsorings zu gewinnen. Eine tolle Aktion von Seiten aller Beteiligten!
„Heimatkunde“ läuft seit Dezember und hat schon für beste Kritiken gesorgt. Doch ist das Gymnasium bei St. Stephan für „Herrn Braun“ Roland Krabbe auch eine Art Heimspiel: Er hat vor unzähligen Jahren an St. Stephan Abitur gemacht und schleppt neben vielen lustigen Erinnerungen auch noch manches Schultrauma mit sich herum, das er humorig einfließen ließ. Vom Schulsekretariat bis zum Bockspringen als widernatürlichste Sportanforderung waren da immer Seitenhiebe auf die Schule (im Allgemeinen wie im Konkreten) zu erwarten.
Der erste Teil des Abends brachte neben „Heimatkunde“ (Was ist die häufigste Grabbeigabe eines waschechten Bärenkeller-Mannes? Wie wird aus dem Sudelwirt im Gewerbegebiet das Sudel-Spa, wo Zitronencarpaccio gereicht wird?) auch Reflexionen zum Thema „Altern“. Mit den Formeln „Früher war alles – auch ich und mein Körper – noch besser!“ und „So geht’s dahin!“ lässt sich das Gebotene rasch zusammenfassen. Am Besten sind die „Brauns“ einfach, wenn sie in Augschburg und Umgebung sind: Die Tatortszene namens „Todesnachricht“ in Norddeutschland und dann gleich dasselbe in Kriegshaber. Urkomische Gefühlsdefizite! Oder Herr Braun beim Friseur, wo sich ein Rasierschaumhäubchen zum Gipfel der Szene entwickelt. Oder Gabriele Koch in der Paraderolle als Frau Beitelrock bei der Partner-Agentur, wo sie einen Imagefilm für sich selbst drehen soll, um so unauthentisch wie möglich rüberzukommen.
Auch „suprr“ sind die Wortspiele: Urlaub in Ägypten, um endlich mal die „Pyranäen“ zu sehen. Oder das schier unglaubliche Berufsbild „Florischterin“. Oder eben die augsburgerisch unterkühlte Bejahungsformel „Läuft!“, die ohne gespreizte Finger nicht mehr daherkommen darf.
Im Tiefsten hat dieses Programm aber auch eine Menschenkenntnis und Weltdeutung, die berührt. Vom Flirten im Smartphone-Modus über den Tanzkurs bis zur Paartherapie beim Nuschel-Psychologen oder dem Psychogramm der selbstblinden Helikoptermutter: Hier blitzt immer wieder das Lachen unter Tränen durch.
Mein persönliches Highlight: Eine Talkshow zum Thema „Spiritualität“, in der die geladenen Gäste (ein Priester, ein Yogi, ein Esoterik-Versandhändler und ein CSU-Politiker) so treffsicher charakterisiert werden, dass man staunend feststellt, wie kompakt diese wenigen Minuten alle relevanten Fragen unserer Zeit im Hochdruckformat enthalten.
Ein schöner und für St. Stephan ungewöhnlicher Abend, für den alle, die ihn erleben konnten, ein herzliches Dankeschön sagen!