Ohne Europa wird’s nicht gehen …
Gerne kam Michael Hager an seine alte Schule zurück, an der er 1986 Abitur gemacht hatte, um vor der „Schülerakademie“ zu sprechen. Hager ist als „Kabinettschef“ des IT-Kommissars Günther Oettinger ein hoher politischer Beamter, der aus dem innersten Kreis der europäischen Zentrale berichten konnte.
Oberstudiendirektor Stegmann hatte dafür motivierte und interessierte Schülerinnen und Schüler der Oberstufe ausgewählt, die sich erstmals zu einem besonderen Angebot der speziellen Förderung trafen. Michael Hager erwies sich für diese Gruppe als ausgesprochener Glücksfall: Als Beamter im Brüsseler Betrieb verfügt er über Einblicke und analytische Tiefe, die sich Politiker vermutlich gar nicht anmerken lassen dürfen. Und so kam Michael Hager nach einem kurzen Streifzug durch seinen Werdegang, der sich neben allem Können und aller Zielstrebigkeit auch Zufällen und glücklichen Konstellationen verdankt, bald auf die Grundlagen des europäischen Gemeinschaftsprojektes zu sprechen.
Rasch wurde deutlich, dass Europa keine hierarchische Über-Dimension darstellt oder eine selbstgefällige Zentrale, sondern dass hier das spannende, mühselige, oft auch verletzliche Geschäft des Kommunizierens, Verstehens und Auslotens im Mittelpunkt steht. Vom Aufwand für das Dolmetschersystem über die Frage des Verhältnisses von Parlament, Kommission und Ministerrat bis hin zu aktuellen Fragen unter den Stichworten Grexit, Brexit und Flüchtlingskrise kam in den gemeinsamen 90 Minuten unglaublich viel zur Sprache.
Michael Hager stellte sich den aufmerksamen und politisch teilweise sehr sensiblen Beobachtungen und Fragen seines jungen Publikums. Der wichtigste Aspekt war dabei die Flüchtlingsfrage, in der Hager unmissverständlich Position bezog: Ohne Europa geht es nicht. Und ohne die Einhaltung der Absprachen und getroffenen Verhandlunsgergebnisse verliert Europa Glaubwürdigkeit und Solidarität. Hier blitzte wiederholt durch, dass nicht ein „Wohlfühl-Europa“ oder eine „Wir finanzieren alles“-Union anzustreben ist: Der Schlüssel ist das Geben und Nehmen auf der Basis des gegenseitigen Respekts und der humanen Sensibilität für den jeweils anderen.
Erfreut vernahmen alle Beteiligten die Zusage Hagers, gerne regelmäßiger, etwa ein- bis zweimal pro Jahr, an seine ehemalige Schule zu kommen. Denn der Kontakt zu den (Jung-)Bürgern hatte sich an diesem Vormittag als wirklich wiederholenswertes Mittel zum besseren Verstehen auf Gegenseitigkeit erwiesen.
Und dass in Europa Fragestellungen und brennende Aktualitäten ausgehen könnten, steht tatsächlich nicht zu erwarten … – Wir freuen uns auf ein Wiedersehen.
Am Abend dieses inhaltsreichen Tages hielt Michael Hager auf Einladung des Fördervereins auch noch einen öffentlichen Vortrag unter dem Titel „Grexit, Brexit, Flüchtlinge“ in der gut besuchten Kleinen Aula. Viel Zeit nahm er sich für die Fragen der Zuhörer und konnte auch hier nochmals deutlich machen, dass „Europa“ eine Konsens-Gemeinschaft ist, in der nicht Machtausübung oder Durchsetzungskraft zählen, sondern aufeinander hören, sich gegenseitig verstehen und das gemeinsame Beste zu suchen und anzustreben.