Ich trage einen Edelstein in mir – Gespräch mit Sumaya Farhat-Naser
Sie erzählte von ihrer Friedensarbeit und ihrem Ausbildungsprogramm zu gewaltfreier Erziehung für palästinensische Jugendliche und sagt: „Jeder Mensch spürt: Ich trage einen Edelstein in mir.“ Darauf machte sie die Schülerinnen und Schüler aufmerksam. Diese Erfahrung sei Ausgangspunkt der Achtung des Mitmenschen und der Selbstachtung, die auch aus scheinbar hoffnungsloser Verstrickung in Kreisläufe der Gewalt einen Ausweg ermögliche. Es gehe darum, gerade nicht mit Gegengewalt oder Selbstabwertung zu reagieren, sondern selbstbewusst dem Gegner respektvoll zu begegnen. So unterstützt die Christin christliche und muslimische Jugendliche und versucht sie gegen die Verzweiflung zu schützen, durch die sie erst gewalttätig werden. Sie gab den deutschen Schülerinnen und Schülern zu bedenken, dass gleichaltrige Palästinenser aus einer selbstmörderischen Logik heraus bereit seien, durch Messerattentate zu „Märtyrern“ zu werden, weil sie die Repressionen, die erlebbare Geringschätzung und Diskriminierung nicht mehr aushielten.
Berührende Lebensgeschichten und Betonung gemeinsamer Werte
Sie zeigte sich überzeugt, dass die drei monotheistischen Religionen das Potential hätten, gemeinsame Werte und eine Friedensethik zu begründen, räumte aber ein, dass in ideologischer Verblendung Religion dazu missbraucht werde, Hass, Gewalt und Terror zu schüren. Die Verheißung des Landes gelte eben nicht nur den Juden als erstem Gottesvolk, sondern diese Zusage gelte auch Christen und Muslimen als Kindern Abrahams. Sie kritisierte, dass sich evangelikale Christen aus den USA in Israel anmaßten, die „christliche Stimme“ zu sein und den Landraub an den Palästinensern als Vollzug des göttlichen Willens darstellten. Dies missachte die im Land seit der Zeit Jesu anwesenden Christen der orientalischen Kirchen und schüre Ablehnung und Hass der Muslime, die dann genau Angehörige dieser Kirchen träfen.
Ungeschminkt erzählte Farhat-Naser aus den Lebensgeschichten ihrer Geschwister, Kinder und Enkel, die nach Auslandsaufenthalten nicht nach Palästina zurückkehren durften, deren Besitz vom Staat Israel konfisziert worden sei und die selbst als Staatsbürger der Bundesrepublik oder der USA keine gewöhnlichen Besuchervisa erhielten, sondern von Heimatbesuchen abgehalten würden.
Frieden sichern geht nur gemeinsam
Die nachdenklichen Fragen zeigten, dass sie die deutschen Schülerinnen Schüler beindruckte. Bemerkenswert ist ihre ungebrochene Hoffnung trotz der aussichtslos erscheinenden Lage im Nahen und Mittleren Osten und ihre feste Überzeugung: Wir können nur miteinander dort leben und Frieden finden wir nicht gegen den anderen, sondern im wechselseitigen Respekt für das Lebensrecht und Sicherheitsbedürfnis von Juden, Christen und Muslimen, weil wir zunächst alle Menschen sind und jeder einen Edelstein in sich trägt.