„Wir übergeben der Flamme die Schriften von …“

  • Lebendig werden auf der Bühne der im Geruch des Nationalsozialismus stehende“ Lehrer Dr. Bernd Vogelsang (links) und der jüdische Schüler Bertold Oppermann (zweite von rechts) aus Lion Feuchtwangers Roman.
  • Bedrückend ist die Atmosphäre, als sich verfemte Schriftsteller“ und Nationalsozialisten“ um den Scheiterhaufen auf der Bühne stellen.

Es war ein Vorspiel nur, dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen.“

Erschreckend wahr ist dieser berühmte Satz des deutschen Dichters Heinrich Heine. Deshalb gedenken Schülerinnen und Schüler der Q11 jedes Jahr (diesmal unter der Leitung von Karin Bäumler) an die historische Bücherverbrennung am Abend des 10. Mai 1933, als vor vielen großen Universitäten in Deutschland Bücher regimekritischer Autoren verbrannt wurden. Sie geben manchen dieser verfemten Autoren für kurze Zeit eine Stimme. In bedrückender Atmosphäre im dunklen Theatersaal des Studienseminars St. Stephan marschieren sie auf, die Nazis“, bauen sich breitbeinig auf der grell erleuchteten Bühne im Halbkreis auf, um mit großer Aggression Bücher und Schriftsachen zu zerfetzen und in ein imaginäres Feuer zu schleudern. Begleitet wird die Szene von den sogenannten Feuersprüchen, die durch den stillen Raum hallen: Wir übergeben der Flamme die Schriften von Erich Kästner.“

Erich Kästner ist an diesem Nachmittag (wie einst bei der Verbrennung seiner Werke in Berlin) vor Ort, sitzt traurig abseits der Bühne und erzählt dem jungen Publikum von einigen seiner deutschen Dichterkollegen. So spricht er z.B. über Walter Mehring, Bert Brecht und Lion Feuchtwanger, der seinen berühmten Roman Die Geschwister Oppermann“, in dem drei Brüder des jüdischen Großbürgertums in Berlin von Hitlers Machtergreifung überrollt werden, bereits im französischen Exil schreiben muss.

Sehr still und konzentriert folgten die Neuntklässler dem Geschehen und ließen sich vom greifbaren Aufeinanderprallen von roher Brutalität und feinsinnigem, demokratischen Gedankengut mitnehmen. Viele zeigten sich sichtlich berührt, als sie nach einer guten halben Stunde den Saal verließen mit der berechtigten Hoffnung, die lesende Jugend“ des Jahres 2016 für demokratisches, freiheitliches Denken und Handeln sensibilisiert zu haben.