„Das ist nur ein Vorspiel”: Gedenktag 10. Mai
„Das ist nur ein Vorspiel, dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.“
Dieses hellsichtige Wort von Heinrich Heine aus dem Jahr 1823 hat nichts von seiner Bedeutsamkeit eingebüßt. In dem nahezu 200 Jahre alten Diktum liegt eine erschreckende Wahrheit und an eben diese stets zu erinnern ist unsere Pflicht. So taten sich zwölf literarisch interessierte und engagierte Schülerinnen und Schüler der Q11 zusammen und konzipierten für die Jahrgangsstufe 9 eine beeindruckende Gedenkveranstaltung anlässlich der Bücherverbrennung am 10. Mai 1933.
Berühmte Dichterinnen und Schriftstellerinnen
Die Schülerinnen und Schüler aller 9. Klassen wurden in die abgedunkelte Große Aula geladen und fanden sich in einer beklemmenden Atmosphäre wieder. Zu Beginn erhielten sie einen berührenden Einblick in die Gedanken einer jungen Frau, die die Bücherverbrennung als einen zutiefst männlichen Akt der Zerstörung erlebt, der die Zuflucht zu tröstenden Gedanken eigener Lieblingsautoren zunichte gemacht wird. In tiefer Traurigkeit kommt die junge Frau ins Gespräch mit Nelly Sachs. Sie möchte fühlen wie Nelly Sachs und bittet sie daher darum, ihr einen Text vorzutragen: „O die Schornsteine“, ein einprägsames Gedicht über das unfassbare Leid der jüdischen Bevölkerung. Kaum ist die letzte Silbe verhallt, treten Schergen der Nationalsozialisten auf und schleudern verächtlich Bücher in einen Feuerkorb mit den Worten: „Wir übergeben der Flamme die Schriften von Nelly Sachs.“
Der schreckliche Ritus wird gleichermaßen angewandt bei Mascha Kaléko – sie zeigt das entwürdigende Leben eines Models in ihrem Gedicht „Mannequin“ auf – wie auch bei Bertha von Suttner, die in ihrem Roman „Legt die Waffen nieder“ all die Gründe für einen Krieg als fadenscheinig und menschenverachtend entlarvt.
In Vergessenheit geratene schreibende Frauen
Wer kennt sie heute noch, Gina Kaus, Maria Leitner oder Eva Leidmann? Während die sozialkritische Journalistin Maria Leitner in ihrem Roman „Hotel Amerika“ auf die entwürdigenden Arbeits- und Lebensbedingungen des niederen Dienstpersonals in der Person der irischen Wäscherin Shirley in einem Luxushotel hinweist, thematisiert Maria Leitner in ihrem Roman „Wie man sich bettet“ das Schicksal der Münchner Kellnerin Fanny, die letztlich zur Prostitution genötigt ist, um zu überleben. In sehr gekonnter Manier schrieben die Schülerinnen und Schüler Kernstellen zu Szenen um und präsentierten diese theatral. Die Protagonistinnen wehren sich gegen die erlebten Ungerechtigkeiten, die sie primär durch Männer erfahren, Shirley, die gegen den Hotelbesitzer aufmuckt, und Fanny, die dem Wirt ihre Kellnerinnenschürze hinwirft.
Erich Kästner, Zeuge der Verbrennung seiner eigenen Bücher
Komplettiert wurde der eingangs vorgetragene fiktive Tagebuchbericht durch die Darstellung von Kästners eigenen Empfindungen bei der erlebten Bücherverbrennung. So liegt es nahe, an dieser Stelle auch Kästners Parodie des Goetheschen Mignonliedes „Kennst du das Land, wo die Kanonen blühn“ darzubieten, zeigt es doch seine pazifistische und antimilitaristische Grundhaltung auf.
Die Schülerinnen und Schüler präsentierten mit ehrlicher Berührtheit ihre selbst gewählten Texte und zogen so unweigerlich die Schülerinnen und Schüler der 9. Klassen in ihren Bann! Eine fulminante Gedenkstunde!
Vielen Dank an Alwin, Ida, Florian, Justin, Emma, Madelaine, Finnegan, Quirin, Livia, Theresa, Eda und Gabriel.