Ein bewusster Blick auf den Obstteller – und darüber hinaus
Ecuador ist uns oft sehr nah … – Keine Sorge, dies wird nicht zu einer Reduktion des Landes auf sein Drogenproblem und ein Lamento auf die Cannabislegalisierung in Deutschland. Es geht vielmehr um Produkte, die wir gerne kaufen und die aus Ecuador zu uns gekommen sind: Bananen, Ananas und Rosen gehören zu den häufigsten Exportgütern aus Ecuador, die unseren Alltag hier bereichern.
Wissen über das wunderschöne Land am Äquator, das zurzeit als failed state in unsere Nachrichten eingeht, ist nicht ganz so selbstverständlich: Die Hauptstadt ist Quito, man bezahlt mit US-Dollar, im Sommer unterscheiden uns 7 Stunden von ecuadorianischer Zeit, zu Ecuador gehören die Galapagos-Inseln, man kann auf Faultiere treffen und statt Tauben wimmelt es auf den Plätzen teilweise von ziemlich großen Echsen. Und leider haben die Menschen dort mit großen Einschränkungen durch kriminelle Drogenbanden zu kämpfen.
Um für einige unsere Schülerinnen und Schüler aus den Klassen 9 bis 11 ein klareres Bild von Ecuador und vor allem die Möglichkeit der Begegnung mit jungen Menschen von dort zu ermöglichen, lud die Fachschaft Englisch in Kooperation mit Sarah Christ von der Alfons-Goppel-Stiftung zu einem Workshop ein, der nun in ein Tandemprogramm zum virtuellen Austausch zwischen deutschen und ecuadorianischen Schülerinnen und Schülern mündet. Die Alfons-Goppel-Stiftung engagiert sich seit langer Zeit für Bildung und Jugendarbeit in Ecuador und hat für uns den Kontakt zur Unidad Educativa San Alberto Magno, einer Sekundarschule auf der Halbinsel St. Helena, hergestellt.
Sarah Christ leitete die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus St. Stephan beim Workshop zunächst dazu an, ihre bisherigen Erfahrungen auf Reisen und bei Begegnungen mit Menschen aus anderen Ländern und ihrer Kultur zu reflektieren. Die dem zugrundegelegte riesige Weltkarte überraschte zunächst mit ihrer ungewohnten Darstellung der Welt nach der Peters-Projektion: Die südliche Halbkugel war hier oben dargestellt und die Flächenverhältnisse der Länder und Kontinente entsprachen der realen Verhältnismäßigkeit zueinander. Mit dieser veränderten Sichtweise wurde das bestehende Weltbild irritiert und dazu angeregt, gewohnte Denkmuster zu hinterfragen.
Spannend erzählte Sarah Christ von ihren eigenen Begegnungen und ihrer Arbeit in Ecuador und im Gespräch entwickelte sich allmählich ein Bild von einer Kommunikation, die auf Offenheit setzt, nach Gemeinsamkeiten sucht, Eigenes zeigt und Ungewohntes hinnimmt. Mit einem witzigen Kartenspielturnier wurde illustriert, dass unterschiedliche Regeln und Realitäten nebeneinander existieren und dass ein Blick über den eigenen Horizont hinaus wichtig ist. Die konkrete Kommunikationssituation in den Tandems wurde durch Berichte von Erfahrungen aus dem Tandemprogramm im Vorjahr vorbereitet.
Leider wurde nach dem Workshop die Geduld der Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Tandemprogramm auf eine harte Probe gestellt: Steckbriefe der Schülerinnen und Schüler aus Ecuador mit Kontaktdaten kamen wegen dortiger Turbulenzen rund um den Schuljahresbeginn und die allgemein belastete Situation vor Ort erst Ende Juni bei uns in Augsburg an. Die Tandemphase, in der sich die Teilnehmenden über Tourismus in den beiden Ländern austauschen und eine kleine Präsentation miteinander vorbereiten sollen, kann also erst Ende unseres Schuljahres anlaufen und wird in der zweiten Septemberhälfte mit einem gemeinsamen virtuellen Präsentationstreffen beendet werden.
Wir wünschen unseren Schülerinnen und Schülern, die sich dieser Erfahrung stellen, viel Erfolg, Geduld und Freude bei der Kontaktaufnahme! Und ich bedanke mich herzlich bei Sarah Christ für alle ihre Zeit und ihr Engagement!