Einblick in die Hospizbewegung: Ein Besuch, der bewegt
Im Rahmen des Religionsunterrichts der 11. Klasse bot sich unseren Schülerinnen und Schüler die einzigartige Gelegenheit „Grundfragen menschlicher Existenz im Horizont religiöser Weltdeutung“ (so die Lehrplanformel) ganz konkret zu erfahren. Sie durften Dr. Eva Rünker, Pflegedienstleiterin des Allgäu-Hospiz in Kempten, zu einem Gastvortrag begrüßen. Der Besuch bot einen tiefen und bewegenden Einblick in die Arbeit und den Alltag eines Hospizes, der viele der Anwesenden nachhaltig beeindruckte.
Ein Lebensraum für die letzten Tage und Wochen
Die promovierte Theologin erklärte, dass das Hospiz ein Lebensraum ist, in dem unheilbar Schwerstkranke und Sterbende nach den Prinzipien der Palliativ-Medizin und Pflege versorgt und begleitet werden. „Unsere Betreuung ist ganzheitlich und professionell“, betonte sie. Neben der medizinischen Versorgung durch vertraute Hausärzte und Fachärzte steht ein Team von examinierten Pflegekräften mit der Zusatzqualifikation Palliative Care rund um die Uhr zur Verfügung.
Die Hospizidee: Ein Mehrgenerationenhaus des Lebens
Ein zentraler Punkt des Vortrags war die Hospizidee, die auch Aspekte christlicher Lebenshaltung integriert. Eva Rünker zitierte u. a. Cicely Saunders: „Du bist bis zum letzten Atemzug deines Lebens wichtig. Wir werden alles tun, damit du nicht nur in Frieden sterben, sondern auch bis zuletzt leben kannst”, um das Grundanliegen des Hospizes zu vergegenwärtigen. Dies prägt den Alltag im Hospiz und schafft eine Atmosphäre von Aufmerksamkeit, Einfühlung und Barmherzigkeit.
Eine Schülerin äußerte sich beeindruckt: „Der Umgang mit dem Prozess des Sterbens und ihn als Teil des Lebens zu betrachten, ist für mich eine wertvolle Ansicht.” Diese Perspektive, das Sterben als integralen Teil des Lebens zu sehen, war für viele Schülerinnen und Schüler neu und erhellend.
Authentische Begegnungen und persönliche Erlebnisse
Besonders eindrucksvoll waren die persönlichen Schilderungen von Eva Rünker über ihre Erlebnisse im Umgang mit den Gästen des Hospizes. Die Erzählungen riefen bei den Schülerinnen und Schülern Bewunderung hervor: „Bewundernswert, einen Job zu haben, bei dem man einem todkranken Menschen seine letzten Tage so angenehm wie nur irgendwie möglich bereiten kann.”
Referentin Eva Rünker erläuterte die Bedeutung der persönlichen Zuwendung und Beziehung zu den Gästen. „Wir füllen die Tage durch individuelle Betreuung mit Lebensqualität. Ausreichende Zeit spielt dabei eine wesentliche Rolle, denn so entsteht eine persönliche, würdevolle Beziehung”, erklärte sie. Diese persönliche Zuwendung wird durch die enge Zusammenarbeit von Haupt- und Ehrenamtlichen ermöglicht, die regelmäßig Supervisionen und Fortbildungen erhalten.
Überraschende Einblicke und neue Perspektiven
Der Vortrag brachte auch überraschende Einblicke, wie die Bezeichnung der Hospizbewohner als „Gäste“ und nicht als Patienten. „Neu war für mich die Bezeichnung derjenigen, die in ein Hospiz einziehen, als Gäste und nicht als Patienten. Überrascht hat mich, dass es auch viele junge Gäste gibt”, äußerte sich eine Schülerin. Diese Erkenntnis verdeutlichte, dass das Hospiz ein Ort ist, an dem jeder willkommen ist, unabhängig von Alter und Hintergrund.
Ein weiteres Highlight war die Vorstellung des „Raums des Lebens”. Hier werden nicht nur symbolisch durch kleine Schriftrollen Wünsche oder die Namen (ehemaliger) Gäste vor Gott gebracht, sondern auch ganz konkret diese in einer gläsernen Verbindung zwischen Himmel und Erde aufbewahrt und so eine besondere Atmosphäre erschaffen: „Eine wirklich tolle Idee, finde ich die Umsetzung im ‚Raum des Lebens‘ mit dem blauen Glaskasten und den Namenszetteln”, bemerkte dazu auch eine Schülerin.
Ein wertvoller und bereichernder Besuch
Der Besuch war für die Schülerinnen und Schüler eine wertvolle und bereichernde Erfahrung. „Wie kostbar ein gesundes Leben ist und welche Dinge wirklich wichtig sind für mich, ist mir durch den Vortrag und vor allem im Gespräch mit Frau Dr. Rünker deutlich geworden”, fasste ein Schüler seine Eindrücke zusammen.
Die authentische Begegnung mit der Hospizbewegung, die durch die lebendigen Schilderungen greifbar geworden ist, hinterließ einen bleibenden Eindruck. „Unglaublich, wie man auch sterbenskranken Menschen am Ende noch ein tatsächlich schönes Leben bescheren kann, obwohl sie sterbenskrank sind”, resümierte eine Schülerin.
Dieser Besuch hat nicht nur das Verständnis für die Arbeit im Hospiz vertieft, sondern auch die Wertschätzung für das Leben und die Wichtigkeit der menschlichen Würde bis zum letzten Atemzug gestärkt. Ein Besuch, der im Gedächtnis bleibt und dazu beiträgt, die Hospizidee in die Welt zu tragen.