Goldene, glückshäutige Märchenstunde
Es war einmal: ein Kind, das mit einer Glückshaut geboren wurde, dennoch aber so manches höllische Abenteuer zu bestehen hatte. Es war des Weiteren: die lebhafte Freude, mit der die Stephaner Unterstufenschüler dieses Grimm’sche Märchen, nämlich „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“, auf die Bühne brachten!
Die Phantasie des Publikums tragen
Temporeich beginnt der Märchenreigen in den beiden Vorstellungen am 12. und 13. Juli, als das Kind armer Eltern neben der besagten Glückshaut auch noch mit der Weissagung geboren ward, künftig die Königstochter zu ehelichen: Schnelle Szenenwechsel, verschiedene Erzähler und motivisch untermalende Musik sorgen für einen wohligen Erzählstrom, dem man mit Vergnügen folgt. So verbreitete sich auch die Kunde vom Glückskind rasch von Mund zu Mund. Herrlich missmutig-intrigant will sich dann aber der König des ungewollten Schwiegersohns entledigen: Als dieser noch in den Windeln liegt, wirft jener ihn in die spülenden Strudel eines Flusses – zu denen die Arme der Kinder werden, die das Bündel wogend und kreiselnd der Phantasie des Zuschauers anempfehlen. Was braucht es da blaue Planen, wenn das Spiel der Kinder die Phantasie des Publikums so zu tragen versteht?
Da das Kind als Findling überlebt, schickt es der böse König mit einem Brief zur Königin; der Briefbote solle gleich nach seiner Ankunft getötet und begraben werden. Aber als mittlerweile goldgelb gewandetes Glückskind hat es natürlich das Glück, auf seinem Weg an den Königshof in eine Räuberhöhle zu geraten: Musikalisch schräg und abgedreht in der Klamotte kommen die Räubersöhne zur Mama heimmarschiert, bleiben in Reih und Glied auf das Kommando „Halt“ stehen – bis auf den letzten, der wohl öfter mal was verpennt… klar, dass da dem schlafenden Gast aus Mitleid ein ganz anderer Brief untergeschoben wird! Auch wenn die huldvoll händeringende Königin und Mutter den vermeintlichen Befehl des Gatten kommentiert mit: „Soso, der König hat es mal wieder eilig“, das ebenso niedliche wie gelangweilte Prinzesschen freut sich auf den jungen Mann. Mit dem ist sie dann auch flugs vermählt. Gut, dass bei so viel Tempo per- und entrückte Höflinge die herzigen Vorbereitungen der Feier treffen helfen – Zöpfchen aufdrehen, Tänzchen einstudieren und so weiter. Nachdem als Bedingung für einen endgültigen väterlichen Segen die drei goldenen Haare des Teufels zu beschaffen sind, muss sich das Findelkind auf den gefährlichen Weg zur Hölle machen: Abenteuerlich wird seine Wanderung durch all das bzw. diejenigen, die sich ihm in den Weg stellen; denn menschliche Requisiten müssen überklettert, übersprungen, durchwatet und durchkämpft werden. So inszeniert wird die Gefahr, ja das Muss des Kampfes um den glücklichen Ausgang, für die Zuschauer spürbar.
Tolle Farbakzente, zupackende Szenerien
Unterwegs wird der mit der Glückshaut in zwei Dörfern um Hilfe gebeten: Warum ist der Brunnen versiegt? Warum trägt der Goldapfelbaum nicht einmal mehr Laub und warum, in drei Teufels Namen, muss der Fährmann auf dem unterirdischen Fluss immer hin und herfahren? Auch Brunnen und Baum werden nicht langweilig aus Pappe auf die Bühne montiert, sondern mit Armen und Beinen von den Kindern spielerisch nachgebildet – anmutig stellen sie später dar, wie der Baum nicht nur wieder ergrünt, sondern wie er auch wieder goldene Früchte zum Vorschein bringt. Ein Wechsel zu rotgleißendem Licht, untermalt von rockigen ACDC-Klängen und Headbanging machen allen klar: Jetzt geht’s ab auf dem „Highway to hell“! In der Hölle erbarmt sich des Teufels Großmutter, die Ellermutter, des Ankömmlings – siebenköpfig und aus sieben Mädchenkehlen spricht sie unheimlich mit ihm, der sich in ihrer Rockfalte verstecken darf. Das ungehobelte Teufelchen, das polternd und rotzig heimkommt, muss sich dann aber doch von ihr kleinlaut zur Ordnung rufen lassen. Fast schon wird es zur Nebensache – es muss ja doch alles gut ausgehen in einem Märchen, noch dazu in einem über ein Glückskind –, dass dem Teufel beim Lausen die drei goldenen Haare und noch dazu die drei Rätsellösungen abgeluchst werden, bezaubernd mehrstimmig besungen mit einer Lullaby-Version des ACDC-Klassikers. Und nachdem der böse König bestraft ist, können auch die Liebenden zueinander finden.
So kam vielen diese schwungvolle Märchenstunde fast zu knapp vor, da sie mit so viel Liebe, auch mit humorig-zeitgemäßen Details – unter der hochprofessionellen und kraftvollen Leitung der Eukitea-Theaterpädagogin Sarah Hieber – inszeniert war und durch ton- und lichttechnische und szenische Raffinessen, vor allem aber so viel Lust am gemeinsamen Spiel begeisterte.