Griechisch – Von einer ansteckenden Faszination

meine Tochter fragt mich
Griechisch lernen wozu
sym-pathein sage ich
eine menschliche Fähigkeit
die Tieren und Maschinen abgeht
lerne konjugieren
noch ist Griechisch nicht verboten

Dorothee Sölle

  • Unter den beiden Jahrtausende alten steinernen Löwen der Burg von Mykene zu stehen: Eine faszinierende Erfahrung auf unseren Studienfahrten.

Antike: Von Hollywood bis hier

Alexander der Große als Hollywoodfilm – Olympische Spiele als globales Großereignis – Troja und die neuesten Grabungsfunde als Mega-Ausstellung … Wohin wir blicken, sind die Griechen lebendig, attraktiv und faszinieren die Menschen. Achilles, Odysseus oder Alexander sind keine Fremdwörter bei uns. Und wer helle Kinder- und Erwachsenenaugen erleben will, braucht nur vom Trojanischen Pferd zu erzählen, die Geschichte von Skylla und Charybdis zu erläutern oder den Freiermord des bogengewandten Odysseus zum Besten zu geben.

Antike: Da steckt noch mehr drin!

Das Publikum staunt: So tolle Abenteuer aus der ollen Antike?! Als Latein- oder Griechischschüler muss man da manchmal lächeln: Denn Herkules ist nicht nur eine Walt-Disney-Figur und die Amazonen sind nicht nur durch einen online-Versand berühmt geworden. Wer für die Antike begeistert ist, der spürt rasch, dass da mehr ist als nur nette Unterhaltung oder unverbindliche Abenteuer: Mythen, die wie für unser eigenes Sein erdacht scheinen! Kunstwerke, die uns mehr spüren lassen als den technischen Perfektionismus unserer Tage! Gedanken, die mühelos den Abstand von Jahrtausenden überspringen!

Antike: So lebendig wie nie

Doch sehen die wenigsten, dass dieses faszinierende Erbe nur lebendig bleiben kann, wenn wir die Quellen am Strömen erhalten. Dazu brauchen wir den Zugang auch zur Sprache der Griechen. Den genialen Witz des Odysseus, sich dem naiv-gefährlichen Kyklopen Polyphem gegenüber als »Niemand« auszugeben, versteht man erst, wenn man bei Homer den Original-Wortlaut einsehen kann, der nicht nur durch diesen Wortwitz, sondern auch durch einen überlegenen klanglich-metrischen Hohn des Odysseus geprägt ist, den selbst die beste Übersetzung nicht einfangen kann. Wer wirklich genießen will, darf sich nur mit dem Original zufrieden geben.

Antike: Für Genießer

Diesen Genuss griechischer Dichtung, griechischer Kunst und griechischen Denkens in Philosophie, Religion, Politik und Geschichts-betrachtung gibt es nicht im »Vorbeirasen«, sondern in vielen spannenden und wachsenden Schritten muss sich ein Schüler den Zugang dorthin verschaffen, indem er sich die Zeit nimmt (und von Eltern, Lehrern und Bildungspolitikern geben lässt), sich mehrere Jahre nachhaltig damit zu beschäftigen. Der Pfiff an diesem Lehrweg ist, dass nicht nach jahrelangen Mühen plötzlich die Pforten der Weisheit aufspringen, sondern dass mit jedem Lernschritt, jeder Übersetzung, jeder Vertiefung in die Sprache und das Denken dieses Volkes sich ein Stückchen des großen Gemäldes enthüllt.

Antike: Für junge Menschen

Wer den Weg auf der Schule bis zum Griechisch-Abitur geht – und ihr könnt die betreffenden Oberstufenschüler fragen –, schwärmt heimlich oder offen von den Dingen, mit denen er sich da befassen darf. Wer etwas lernt, wird klüger. Das allein reicht aber noch nicht. Wir wünschen uns auch kritische junge Menschen, die aber nicht nur die »Alten« und die »Traditionen« kritisieren, sondern auch sich selbst. Der Weg dazu ist das Nachdenken über die Frage, wie andere Menschen in anderen Zeiten sich selbst gesehen, sich selbst überschätzt, sich selbst beschränkt haben. Auch hier wieder: Ohne es zu merken, lernen wir an anderen uns selbst kennen, werden vorsichtiger und hellsichtiger in der Beurteilung anderer.

Antike: Faszination, die weiterwächst

So wächst aus der Faszination für Menschen und Götter, für Helden und ihre Taten, für Ausgegrabenes und Rekonstruiertes etwas tiefer Wurzelndes heraus: Faszination für Sokrates und seine Entdeckung einer konsequenten Lebenshaltungen, Faszination für Heraklit und seine Philosophie einer sinnhaften Welt, Faszination für Sappho und ihren Mut zu enttarnten Gefühlen …

Antike: Eine Schule für deine (noch unbekannte) Zukunft

Die Erfahrung zeigt, dass Abiturienten humanistischer Gymnasien dabei noch vielerlei anderes gelernt haben, ohne es zu merken: Sie denken in Systemen und Kategorien (Aufbau der Grammatik), sie verfügen über Strategien zur Problemlösung (Übersetzung als Abgleich zwischen Gelerntem und im Zusammenhang Sinnvollem) und sie besitzen größere Ausdrucksfähigkeit (Nachdenken über den Bau der Sprache, Bedeutung von Formulierungen, tägliches Ausdruckstraining in der deutschen Muttersprache beim Übersetzen). Was kann es Schöneres geben als sein Gegenüber und das eigene Ich miteinander in lebendige Verbindung zu bringen?