„Ich will auch fliegen lernen!“

  • Wenn man ins Nimmerland reisen will, muss man zunächst fliegen lernen.
  • Frieda tritt als Erzählerin auf und stellt vor einzelnen Szenen die Darlings, Peter Pan und das Nimmerland vor. Am Ende rundet sie das Stück mit einer bewegenden Überlegung über die zentralen Themen Kindheit und Erwachsenenalter ab.
  • Mr. und Mrs. Darling gehen heute Abend zum Tanzen aus. Da ist es besser, wenn alle noch einmal die Tanzschritte üben.
  • Die Mutter ist jedoch wegen der drei Kinder Wendy, John und Michael besorgt, weil sie kürzlich einen Eindringling überrascht hat, der sicher seinen Schatten zurückholen möchte, den er dabei eingebüßt hat.
  • Tatsächlich erscheint Peter Pan kurz danach. Wendy näht ihm seinen Schatten wieder an und möchte ihn am liebsten gleich küssen.
  • Was, hier aus dem Fenster soll ich hinausfliegen?“, denkt sie entsetzt, als Peter vorschlägt, sie solle ihn ins Nimmerland begleiten. Die Fee Tinker Bell ist nicht erfreut darüber, dass Peter von Wendy so angetan ist.
  • Ein erster Flugversuch führt schnell zu einer Bruchlandung, doch bald lernen die Kinder, wie man auf den Wind steigen und fliegen kann.
  • Kaum im Nimmerland gelandet, heißt es sich vor Kapitän Hook und seiner Piratenbande zu verstecken. Da verwandelt man sicher besser ganz schnell in einen Wald.

Am 11. und 12. Juni 2024 war es so weit: Die Theatergruppe der Mittelstufe, geleitet von Markus Müller, war bereit, ihr gespanntes Publikum auf eine verlockende Reise mitzunehmen.

Auf dem Programm stand Peter Pan“ in der Bühnenbearbeitung des berühmten Stoffs durch seinen Autor James Matthew Barrie: sieben lebendige Bilder, die durch eingeschobene Erzählpassagen verbunden wurden.

Also: Platz nehmen, Licht aus und los? – Nein, ganz so einfach war es nicht. Bevor die Reise nach Nimmerland beginnen konnte, sollte das Publikum auf ausgeteilten Zetteln seine eigenen Gedanken zu den Themen Kindheit“ und Erwachsensein“ zu Papier bringen. Man durfte gespannt sein, was es damit noch auf sich haben würde …

Als das Stück losging, gelang es den Schauspielerinnen und Schauspielern sofort, das Publikum in den Bann der Geschichte zu ziehen. Sie stellten von Anfang an ihr großes schauspielerisches Können unter Beweis. Kulissen und Requisiten waren dabei gar nicht notwendig, das erledigten die Mädchen und Jungen auf der Bühne allein mit ihrer Gestik, und zwar äußerst geschickt und natürlich.

  • Wegen Tinker Bells bösartiger Einflüsterung haben die verlorenen Jungen Wendy als scheinbaren Vogel abgeschossen. Doch Dr. Slightly kann sie kurieren.
  • Die Piraten haben Tiger Lily entführt und wollen aus ihr herausbekommen, wo sich das geheime Versteck der verlorenen Jungen befindet. Doch diese schweigt wie ein Grab, als man sie zum Piratenfelsen rudert.
  • Peter Pan und Wendy befreien Tiger Lily und es kommt zu einem Kampf mit den Piraten, in dem Peter Hook verschont und dann heimtückisch von ihm verletzt wird.
  • Wendy verlässt Peter auf der Klippe trotz der steigenden Flut nicht. Vor einem möglichen Kuss entdeckt Peter plötzlich im Wasser das Nest des Niemalsvogels und die beiden sind gerettet.
  • Die Zuschauer haben vor der Aufführung auf grünen und gelben Zetteln formuliert, worin für sie der besondere Reiz der Kindheit und des Erwachsenenalters liegt, die an zwei Stellen vorgelesen werden.
  • Wendy erzählt den verlorenen Jungen, die sich nach einer Mutter sehnen, ihre eigene Geschichte und merkt, dass ihre beiden Brüder die Eltern schon fast vergessen haben. Sogleich fasst sie den Entschluss, dass es höchste Zeit ist, nach Hause zurückzukehren.
  • Endlich hat Kapitän Hook das Versteck der Kinder entdeckt. Er schreckt aber davor zurück, Peter mit seinem Haken zu töten. Stattdessen tröpfelt er fünf Tropfen Gift in seinen Becher …
  • … dieses trinkt jedoch Tinker Bell, um Peter zu retten. Durch die Hilfe des Publikums kann sie im letzten Moment noch vor dem Tod gerettet werden.

Wendy und ihre Brüder wurden also von den Eltern zu Bett gebracht, damit letztere endlich ausgehen konnten. Und dann kam schon, auf der Suche nach seinem verlorenen Schatten, der freche Peter Pan, begleitet von seiner treuen, stets eifersüchtigen Fee Tinker Bell. Anstatt zu sprechen, bimmelte diese – meist mehr oder weniger erzürnt – mit ihrem Glöckchen oder schaute einfach nur herrlich grimmig drein.

Mit seiner forschen Art brachte Peter die Geschwister schnell dazu, mit ihm zur Insel Nimmerland zu fliegen – das Land der ewigen Kindheit. Und das Publikum flog selbstverständlich mit …

Auf Nimmerland angekommen, wurde Wendy von einer anderen Schauspielerin verkörpert. Was ursprünglich den pragmatischen Hintergrund hatte, dass möglichst viele Schülerinnen und Schüler eine Rolle bekommen sollten, half dem Publikum, Wendys neue Stellung im Nimmerland zu verstehen: Ab jetzt nahm sie gegenüber den verlorenen Jungen“, wie die Bewohner Nimmerlands genannt werden, die Mutterrolle ein.

  • Die Piratenbande hat die Kinder entführt und will sie über die Planke gehen lassen.
  • Doch Hook ergreift schon jetzt die Melancholie. Keiner liebt ihn, nicht einmal sein Vertrauter Smee kann ihn noch trösten.
  • Peter Pan befreit die Kinder. Hook ist ihm nicht gewachsen, denn Peter verkörpert die Jugend und ist unbesiegbar.
  • Hooks letzten Triumph, das Schiff in die Luft zu sprengen, damit alle untergehen, unterbindet Peter mit einem Pusten. Hook resigniert und springt in den Rachen des Krokodils, das ihn seit geraumer Zeit verfolgt.
  • Eine Reporterin möchte wissen, wie sehr Mr. Darling seine Kinder vermisst. Er heuchelt väterliche Liebe, doch im Gespräch mit seiner Frau erweist er sich dann als kalt und herzlos.
  • Diese hat endlich ihre Kinder wohlbehalten zurückgewonnen. Peter verabschiedet sich von Wendy und beide merken, dass sie nicht dauerhaft in der Welt des anderen leben können.
  • Die Gruppe wird nach der eindrucksvollen Vorstellung mit tosendem Beifall belohnt.
  • Spielleiter Markus Müller ist reich beschenkt: Mit einem Strauß Blumen und noch mehr mit der Leistung seiner hervorragenden Schauspielgruppe.

Wendy und ihre Geschwister verbrachten, zusammen mit den weiteren Bewohnern der Insel, eine fröhliche Zeit, wobei Captain Hook, der mit Peter noch eine Rechnung offen hatte, jedoch schnell dafür sorgte, dass es spannend und bedrohlich wurde … Naja, ganz so bedrohlich wurde es dann glücklicherweise doch nicht. Dafür sorgte Hooks trottelige Piratentruppe, insbesondere Hooks Gehilfe Smee, dessen Rolle dank der grandios verstellten Stimme der Schauspielerin gewaltig zum komischen Potential des Stücks beitrug. Anstatt – wie es sich für ordentliche“ Piraten gehört – Angst einzuflößen, erntete Hooks Truppe viele Lacher. Für das indigene Mädchen Tiger Lilly wurde es zwar kurzzeitig brenzlig und auch Tinker Bell musste einmal Gift trinken, um Peter zu retten; da aber das Publikum glücklicherweise bewies, dass es an Feen glaubt, konnte Tinker Bell gerettet werden.

Dramatisch wurde es nochmals, als zwischen Peter und Wendy ein Streit entbrannte: Peter, der stur und trotzig darauf beharrte, ewig ein Kind zu bleiben, wollte nicht akzeptieren, dass die auf Nimmerland gereifte Wendy sich danach sehnte, zu ihren Eltern zurückzukehren. Hier gab es wieder einen Rollenwechsel: Peter wurde von nun an von einem anderen Schauspieler verkörpert, was dem Publikum half, zu verstehen, dass Wendy sich von diesem nun mitunter impulsiven und aufgrund seines Wesens nicht entwicklungsfähigen Peter, distanzieren muss.

Zu Hause wurden die Kinder – zumindest von ihrer Mutter, die die Hoffnung, ihre Kinder wiederzusehen, nie aufgegeben hatte – herzlich empfangen. Der Vater zeigte sich als erstaunlich kalt und herzlos und erklärte seiner Gattin sogar, dass sie von der Abwesenheit der Kinder doch nur profitiert hätten. Wendy wurde nun wieder von ihrer ursprünglichen Schauspielerin verkörpert, was den Eindruck verstärkte, dass sie sich mit ihrem normalen“ Leben und all dem, was es bringen mochte, abgefunden hatte. Ende gut, alles gut.

Aber da waren doch noch diese Zettel aus dem Publikum ….

Nachdem in einer früheren Szene die Schauspielerinnen und Schauspieler schon ausgewählte Beiträge über die Vorteile des Kindseins vorgelesen hatten, stellte sich am Ende des Stücks noch einmal eine nachdenkliche Stimmung ein, als eine Auswahl aus den Publikumsbeiträgen zum Thema Erwachsensein“ vorgetragen wurde. Die versöhnliche Botschaft, die das Publikum nach der vielschichtigen Inszenierung eines alten, aber zeitlosen Kinderklassikers mit nach Hause nahm: Es ist gar nicht so schlimm, erwachsen zu werden, wenn man davor seine Kindheit bewusst erlebt hat.

Gerade in unserer Zeit mit all ihren Unwägbarkeiten war dies ein kleiner Trost, mit dem das altersmäßig bunt gemischte Publikum nach Hause gehen konnte. Ein wirklich gelungener, kurzweiliger Theaterabend für Groß und Klein!