Latein an seinem Ursprung
Mit dem Stowasser-Lexikon und Thomas von Aquins „Summa Theologiae” im Gepäck geht es jedes Jahr für 20 Jugendliche Richtung Italien. Denn dort ermöglicht ihnen die Organisation „young leaders” an einer einwöchigen Lateinakademie teilzunehmen.
Warum Ferien für Philosophie aufwenden?
Unüberlegte könnten denken: Warum eine Woche seiner Ferien dafür opfern, philosophische lateinische Texte zu übersetzen? Das ist ganz einfach: Philosophie befasst sich genau mit denjenigen Fragen, die sich abends im Bett beim Einschlafen stellen. Warum lebe ich? Was ist mein Leben wert?
Diese Fragen versuchten Professoren aus aller Welt – mit der Folge, dass die meisten Diskussionen der Lateinakademie auf Englisch stattfanden – Schülern mit Hilfe der „Quaestiones” 18 und 19 (prima pars secundae partis) von Thomas’ „Summa Theologiae” näherzubringen. Das Problem oder doch eher der Vorteil ist, dass man nicht mit weniger Fragen, sondern mit mehr Fragen wieder nach Deutschland fliegt.
Warum dieses Jahr in Ostia Antica bei Rom?
Ganz einfach: Es geht darum, Latein an seinen Ursprüngen zu fassen. Somit liegt Rom ganz nahe, denn Thomas hat dort einige Zeit gewirkt und auch hier angefangen an seiner „Summe” zu schreiben. Außerdem ist Ostia Antica, die ehemalige Hafenstadt Roms, eine gut Wahl, da sie für Augustinus, auf den sich Thomas oft bezieht, sehr bedeutsam ist. Aus diesen Gründen konnten wir Teilnehmer auch beide Städte besichtigen.
Und um was geht es in der „Summa Theologiae”?
Die Akademie stand unter dem Motto „libertas et conscientia“ („Freiheit und Gewissen“). Doch es wurden keineswegs nur uralte philosophische Themen betrachtet. Der heilige Thomas schreibt so sagenhaft modern, dass es nicht verwunderlich ist, dass in den lebendigen Diskussionen nicht nur Themen wie Exorzismus und Engel, sondern auch Abtreibung und künstliche Befruchtung aufkamen.
In den philosophisch reichen Tagen war für mich zu spüren: Latein wird auf lange Sicht keine Sprache sein, die irgendwann einmal tot in der Ecke liegen bleibt. Sondern sie ist allgegenwärtig und immer notwendig – getreu dem Motto „Zukunft braucht Herkunft“.