Literatur im Klostergarten 2015: „Das Sandkorn”
Manch einer hatte sich auf einen lauen Sommerabend unter duftenden Apfelbäumen gefreut, bei dem man zu stimmungsvollen Gitarrenklängen eintauchen könnte in das Süditalien um 1914. So hatte es die Ankündigung der jährlichen Lesung „Literatur im Klostergarten“, die heuer bereits zum 7. Mal stattfand, verheißen. Tatsächlich drängten sich Schüler, Lehrer, Eltern, Ehemalige und Gäste dann aber eng auf den Bänken zusammen, manch einer unter eine warme Fließdecke geschmiegt oder in eine Daunenweste gehüllt, denn der Donnerstag war nach der Hitzewelle der vergangenen Woche einer der kältesten Tage.
Gedankliche Entführung ins sonnig-sandige Italien
Dennoch nahm der 1964 in Boston geborene Journalist und Autor Christoph Poschenrieder seiner Zuhörer inhaltlich mit in sonnige italienische Provinzen wie Kampanien, Kalabrien oder Apulien – alles Orte, an denen sein aktueller Roman „Das Sandkorn“ angesiedelt ist. Darin wird die Geschichte eines Mannes erzählt, der kurioserweise mitten in Kriegszeiten Sand aus Süditalien in den Straßen Berlins ausstreut. Der in diesem Fall ermittelnde Kommissar Treptow stößt unter all dem Sand schließlich auf eine Geschichte von Liebe und Tabu zwischen zwei Männern und einer Frau. In kleinen, höchst kurzweiligen und klug ausgewählten Passagen zeichnete Poschenrieder ein Zeitbild von 1914, in der Lesung vornehmlich aus der Perspektive des Kommissar Treptow, der seine Erlebnisse und Einschätzungen stets als „Treptows Manuskripte“ festhält. Klug, behutsam, witzig und stilistisch brillant. Mit solchen Attributen wird Poschenrieders Art, Geschichten zu erzählen, immer wieder charakterisiert und hat ihn auf die Longlist des Deutschen Buchhandels 2014 gebracht. So entführte er auch an diesem Abend seine Zuhörer an die schönsten Orte Italiens, wie z.B. das ‚Castel del Monte‘, und ließ in deren Innerem viel Licht, Wärme und Vorfreude auf den Sommer entstehen, auf einer Liege im Garten oder am Strand dem Geheimnis im Inneren des Berliners Treptow, des Schweizers Beat oder der Italienerin Letizia nachzugehen … vielleicht auch mit etwas Sand unter den eigenen Zehen.
Spannungsvolle Gitarrenmusik
Umrahmt wurde die eineinhalbstündige Lesung von stimmungsvollen Klängen des Gitarrenensembles von Hermann Weilguni. Die Schüler/innen Harald Schmid, Christian Zehendner, Harry Karpenko, Julian Sturz, Raphael Kremer, Benedikt Spielhofen, Simon Bühler und Vicky Kozinski hatten mehrere spannungsvolle Stücke zeitgenössischer Komponisten ausgewählt und die Zuhörer damit in den Lesepausen in ihren Bann gezogen.