Orchestral Vibes bei Klasse Klassik 2024

  • Der Blick von hinten auf das Orchester eröffnet eine ungewöhnliche Perspektive aus der Sicht der Musizierenden: Klasse Klassik” in der Münchner Isarphilharmonie.
  • Dirigenten im Gespräch: Ulrich Graba (sitzend) und Oliver Tardy vom Münchner Rundfunkorchester im gedanklichen Austausch.
  • Die Isarphilharmonie in Sendling ist ein beeindruckender Konzertsaal mit fein austarierter Akustik. Und das Podium füllt sich zur Generalprobe zwei Tage vor dem Konzert.
  • Olivier Tardy erhebt den Taktstock: Die gemeinsame Arbeit an vier Werken für das Sonntagskonzert beginnt.
  • Elise Lindermeier und Emilia Singer mit ihren professionellen Pultnachbarn: Bei Klasse Klassik” begegnen sich Profis und Schüler auf Augenhöhe.
  • In den Bläserregistern ist die Durchmischung mit den Profis etwas geringer: Hier stellen die Orchestermitglieder von St. Stephan den Löwenanteil.
  • Das gemeinsame Musizieren verbindet in Konzentration und Gestaltungsfreude.
  • Ulrich Graba reiht sich selbst im Bratschen-Register ein und erfährt die Arbeit mit dem Münchner Rundfunkorchester ganz hautnah.
  • Jung und Alt gestalten mit Modest Mussorgsky, Edward Elgar, Johann Strauß Sohn und Georges Bizet ein gehaltvolles Programm.

Am Sonntag, den 04. Februar 2023, hatte St. Stephans Orchester die einzigartige Chance, in der Isarphilharmonie in München Seite an Seite mit Mitgliedern des Münchner Rundfunkorchesters aufzutreten. Das Konzert, das den Titel Orchestral Vibes“ trug, bildete Abschluss und Höhepunkt des Projekts Klasse Klassik“, an dem das Schulorchester nicht zum ersten Mal teilnahm. Ermöglicht wird diese Erfahrung vom Bayerischen Rundfunk, dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus sowie der Bayerischen Landeskoordinierungsstelle Musik. Das Konzept umfasst mehrere Proben im Vorfeld des Konzerts mit externen Dirigenten sowie einigen Mitgliedern des BR-Orchesters. Auf diese Weise können die Schüler von den Profis“ wertvolle Tipps erhalten und das Konzertprogramm auf ein neues Niveau heben.

Während in diesen Proben meist nur“ ein Mitglied des BR-Orchesters pro Stimme (bei den Streichern) bzw. Instrument (bei den Bläsern) anwesend ist, stoßen in der Generalprobe und beim Konzert in der Isarphilharmonie noch weitere hinzu, sodass die Konzertbesetzung der Schule mit ca. 20 Berufsmusikern verstärkt wird. Die Orchestermitglieder St. Stephans erhalten so die einzigartige Möglichkeit, sich das Pult mit einem echten Profi“ zu teilen – das ist nicht nur musikalisch, sondern auch persönlich bereichernd. Für dieses alle zwei Jahre stattfindende Projekt werden immer wieder neu Schulorchester aus ganz Bayern ausgewählt, die diese großartige Chance erhalten – das Gymnasium bei St. Stephan nimmt besonders oft an den Konzerten teil, da das Rundfunkorchester 2007 die Patenschaft für das Schulorchester übernommen hat.

Auf Klasse Klassik 2024 bereitete sich das Schulorchester bereits seit Sommer 2023 vor: Drei der vier Stücke aus dem Konzertprogramm wurden bereits bei der Serenade am Schuljahresende 2022/2023 aufgeführt, das vierte Stück bei den Cäcilienkonzerten Ende November 2023. Ab Oktober 2023 fanden regelmäßig Proben unter der Leitung des Dirigenten Olivier Tardy statt, dem die Freude an der Musik und auch an der mit ihr verbundenen Arbeit stets anzumerken war und der schnell die Sympathie des Orchesters gewann. Tardy hatte bereits zwei Jahre zuvor bei Klasse Klassik 2022 die Probenphasen geleitet, 2024 dirigierte er erstmals auch das Konzert. Für die Schüler ist allein ein solcher Dirigentenwechsel eine einprägsame Erfahrung: Sie werden nicht nur mit neuen Vorstellungen zu den Interpretationen der aufgeführten Werke konfrontiert, sondern auch mit einer anderen Art des Dirigierens, die je nach Mensch ganz individuell ist. Drei Proben in der Schule und eine in der Isarphilharmonie gingen dem Konzert voraus: Neben Probenabschnitten in voller Besetzung, in denen vor allem das Zusammenspiel des Orchesters optimiert wurde, leiteten die Mitglieder des BR-Orchesters wiederholt auch Stimmproben, in denen besonders schwierige Stellen der jeweiligen Stimmen genauer geübt wurden. Die Schüler können sich durch die erteilten Ratschläge, aber auch das bloße Imitieren der Spielweise der Berufsmusiker musikalisch weiterentwickeln und so wertvolle Erfahrungen aus der Projektarbeit mitnehmen.

Am Tag des Konzerts selbst ist die Anspannung im Orchester spürbar: Der Moment, auf den sich die rund 90 Schüler in den vergangenen Monaten so intensiv vorbereitet haben, ist gekommen. Bereits morgens bringen zwei Busse Musiker und Instrumente nach München, wo um 11.30 Uhr noch eine letzte Anspielprobe erfolgt. Um 14.00 Uhr betreten die Schüler zu Konzertbeginn Seite an Seite mit den Musikern des BR-Orchesters die Bühne der nahezu voll besuchten Isarphilharmonie. Viele Mitglieder des Orchesters haben Familie und Freunde mitgebracht, um diesen besonderen Moment mit ihnen zu teilen. Als musikalische Eröffnung dient die Ouvertüre der Oper Carmen“ von Georges Bizet – ein Dauerbrenner“ des Orchesters, der zuletzt im Sommer 2023 als Zugabe bei der Serenade gespielt worden ist. Der feurige Charakter des Stücks passt gut zur Stimmung von Publikum und Orchester, die den Konzertauftakt freudig erwartet haben.

Das nächste Werk – ebenfalls eine Zugabe aus dem Sommer 2023 – hat einen völlig anderen Charakter: Mit Nimrod“ aus den Enigma-Variationen von Edward Elgar wird der Saal von einem getragenen, gefühlvollen Klang erfüllt. Im Anschluss an diese ersten beiden Werke führt Moderatorin Annekatrin Hentschel ein kurzes Interview mit Konzertmeisterin Elise Lindermeier (Q12) und Emilia Singer (Q12). Die beiden Schülerinnen, die bereits zum zweiten Mal bei Klasse Klassik mitwirken, berichten stellvertretend für das gesamte Symphonieorchester von ihren Erfahrungen in Probenphasen und Konzert. Erneut wird deutlich, welche großartige Chance Klasse Klassik“ den Schülern bietet: Von den Tipps, die die Musiker des BR-Orchesters den Schülern individuell geben, bis hin zum Auftritt in der Isarphilharmonie, ist das Projekt eine rundum unglaublich wertvolle Erfahrung, die die einzelnen Schüler genauso prägt wie das Orchester als Ganzes.

Auch Ulrich Grabas großes Engagement für das Orchester wird erwähnt, er selbst dirigiert zwar in diesem Konzert nicht, unterstützt dafür aber in den Bratschen. Die Dankbarkeit und gute Beziehung zwischen Orchesterleiter und Orchester wird durch den Applaus deutlich, der auf die Erwähnung seines Namens folgt: Der Jubel auf der Bühne selbst übertönt dabei fast das Publikum, so ist dieses Projekt und das Orchester selbst für die meisten Schüler kaum vorstellbar ohne den Orchesterleiter, der die musikalische Entwicklung oft von der 5. Klasse bis zum Abitur begleitet. An das Interview schließen sich die Rosen aus dem Süden“ von Johann Strauss (Sohn) an: Der beschwingte Walzer, den das Orchester bereits bei den Cäcilienkonzerten 2023 aufgeführt hat, ist einigen Konzerbesuchern sicher bekannt. Die Freude an der Musik ist dem gesamten Orchester anzumerken – sogar“ den Streichern, die mit Ausnahme der 1. Geigen nahezu im ganzen Stück nur“ im Walzerrhythmus begleiten.

Als Abschluss der ersten Konzerthälfte präsentiert das Symphonieorchester Ausschnitte aus Bilder einer Ausstellung“ von Modest Mussorgski in der Orchestrierung von Sergei Gortschakow. An die einleitende Promenade schließt sich das Ballett der Küken in ihren Eierschalen“ an: Der freche Charakter des Stücks entlockt einigen Schülern ein Grinsen, gleichzeitig fordern die schnell ineinandergreifenden Pizzicati in den Streichern, die perfekt synchron mit den Holzbläsern sein müssen, Konzentration auf Höchstniveau. Dieses Zusammenspiel hat das Orchester allein wie mit den Musikern des BR-Orchesters seit der Probenwoche im Sommer 2023 ausdauernd geübt und perfektioniert. Nach einer weiteren Promenade folgen Der Marktplatz in Limoges“ und Die Hütte auf Hühnerfüßen (Baba Yaga)“. Diese beiden Stücke haben einen eher wilderen Charakter haben, sodass sich die Energie des Orchesters hier voll entfalten kann. Den triumphalen Höhepunkt erreichte das Werk abschließend mit Das große Tor von Kiew“. Die Fortissimo-Abschnitte im Tutti gelingen ebenso wie die ruhigeren Choräle von Holz- bzw. Blechbläsern – gemeinsam mit den Mitgliedern des BR-Orchesters bringen die Schüler von St. Stephan ihren“ Teil des Konzerts zu einem gelungenen Abschluss. Belohnt wird das gesamte Orchester vom Publikum mit großem Applaus, dem die Musiker mit strahlenden Gesichtern danken.

Zügig verlassen die Stephaner nun die Bühne und verstauen ihre Instrumente in den Koffern, bevor sie im Saal auf Zuschauerplätzen den zweiten Konzertteil verfolgen. Für diesen haben sich das Orchester des Karl-Theodor-von-Dalberg-Gymnasiums Aschaffenburg unter der Leitung von Florian Richter und die Camerata des Ostendorfer-Gymnasiums Neumarkt i. d. OPf. unter der Leitung von Franz Rauch zusammengeschlossen und präsentieren dem Publikum vier weitere Werke. Die Plätze hinter der Bühne ermöglichen den Schülern von St. Stephan nicht nur einen Blick auf das Orchester aus einer eher ungewöhnlichen Perspektive, sondern auch auf das Publikum. Auch der zweite Konzertteil kann musikalisch voll überzeugen und wird mit gebührendem Applaus belohnt. Für das Orchester von St. Stephan geht es kurz nach Konzertende mit dem Bus zurück nach Augsburg – in die euphorische Stimmung und den Stolz auf das vollbrachte Konzert mischt sich auch etwas Traurigkeit darüber, dass Klasse Klassik 2024 nun vorbei ist.

Das gesamte Konzert wurde am 17. Februar 2024 um 15.05 Uhr auf BR-Klassik übertragen.