Rückschau, Gegenwart, Zukunftsgestaltung
„Projekte ans Licht!“, hieß es wieder am Gymnasium bei St. Stephan und die Schülerinnen und Schüler der Q12 präsentierten ihre Projekt-Seminare und ihre Stärken: Humanistische Bildung, die – praktisch angewandt – antike Tradition und Gegenwart interdisziplinär miteinander verbindet („Wunder antiker Technik“, „Latein rund um St. Stephan“), musische und mediale Bildung („Crossmedia“, „Sketchnotes“) sowie idealistische Gesellschaftskritik, die beherzt die Zukunft gestalten will („Clever leben“).
Ideen, die rund eineinhalb Jahre in den Seminaren gereift waren, wurden an dem traditionellen P‑Seminar-Abend der Öffentlichkeit präsentiert: Wenn sonst Eltern, externe Partner und Sponsoren sich interessiert und beeindruckt von den geschaffenen Produkten zeigten, durften dieses Jahr coronabedingt nur die Mitschüler der Q11 sich inspirieren lassen. Schulleiter Alexander Wolf lud sie in seiner Begrüßungsrede ein, in den Austausch zu gehen mit den erfahrenen P‑Seminaristinnen und ‑Seminaristen, damit auch ihre Ideen und Pläne in den kommenden Monaten „auf fruchtbaren Boden“ fallen.
Das P‑Seminar „Latein rund um St. Stephan“ unter der Leitung von Lateinlehrer Matthias Ferber zeigt mit seinem rund 140 Seiten starken Lektüreband für die 10. Jahrgangsstufe auf, wie reich die Bezüge des Augsburger Gymnasiums in die Vergangenheit sind. In dem Sammelband sind lateinische Texte rund um St. Stephan aufbereitet worden. Beim Mitmach-Parcours des Präsentationsabend erhielten die Besucher einen Einblick in die breite Themenpalette: die Auseinandersetzung mit dem Goldmünzenschatz aus römischer Zeit, der auf dem Gelände des Gymnasiums gefunden worden war; die Erschließung des neulateinischen Jesuiten-Dramas „Cenodoxus“, das am Vorgängergymnasium, dem Augsburger Jesuitenkolleg St. Salvator von Jakob Bidermann im Jahr 1602 verfasst worden war; oder die Begegnung mit der „Schwäbischen Schwätzersatire“ á la Horaz, die ein ehemaliger Stephaner verfasst hatte.
In einem 15-minütigen Film musste das P‑Seminar „Wunder antiker Technik“ seine Ergebnisse präsentieren: Nachbauten antiker technischer Konstruktionen. Denn die Exponate des interdisziplinären P‑Seminars unter der Leitung von Griechischlehrerin Anja Reichelt und Physiklehrer Markus Großhauser stehen mittlerweile im Römischen Museum Augsburg und sind Bestandteil der Antiken-Ausstellung im Zeughaus. Dort können sich die Besucherinnen und Besucher nun von allerlei nachgebauten antiken Apparaten faszinieren lassen, unter anderem von einem Webstuhl, einem automatischen Weihwasser-Spender, der automatischen Dienerin oder der Hebevorrichtung „Deus ex machina“ für das Theater. Von den Schülerinnen und Schülern gestaltete Erklärtexte und Arbeitsbögen für Kinder ergänzen die Ausstellung. Das Staunen über die technischen Möglichkeiten der Antike sei über die gesamte Seminar-Zeit aufrecht erhalten geblieben, meinte der Schüler Luca Gaurieder: „Es ist interessant gewesen nachzuvollziehen, wie die damalige Technik funktionierte – hochkomplex.“ Manches Mal sei man im Nachbau selbst mit gegenwärtigem Wissen an Grenzen gestoßen.
„Lernen leicht gemacht“ – Nichts weniger verspricht das P‑Seminar „Sketchnotes“ unter der Leitung von Biologielehrer Tilmann Abele. Die Schülerinnen und Schüler präsentierten ebenfalls in einem Film, wie effektiv Aufzeichnungen mittels kleiner Zeichnungen und bewusster Hierarchisierungen, etwa Symbolen, Rahmen und Sprechblasen, gestaltet werden können. Die visualisierte Notiz, so Valentin Ferber in der Vorstellung des Seminars, bedeute, dass der Spaß am Zeichnen zum effektiveren Lernen führe. Gerade für die gesellschaftswissenschaftlichen oder die naturwissenschaftlichen Fächer, so Tilmann Abele, könnte dies eine große Hilfe sein. Mit welchen Tricks man dabei am besten vorgeht, haben die Schülerinnen und Schüler in einer PDF-Grundwissensdatei zusammengestellt, die hier allen Interessierten zum kostenlosen Download angeboten wird.
Das P‑Seminar „Crossmedia“ unter der Leitung von Musiklehrer Bastian Walcher und Kunstlehrerin Kristin Heller präsentierte über den ganzen Abend hinweg sehr unterschiedliche mediale Werke, die, wie die Schülerin Malan Yang berichtete, mit viel „Zeit und Herzblut“ gestaltet worden sind, ob Podcast, Kurzfilm oder Musikstück. Drei Projekte des P‑Seminars wurden dabei beim jährlichen Kreativ-Wettbewerb „crossmedia“ des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus mit Preisen ausgezeichnet:
- Talitha Moser erreichte in der Sparte „Sprache – Text“ mit einem ersten Preis für ihren Kurzfilm „Anders“. Die Jury würdigt: „Ein mutiger und authentischer Film“ über das Leben einer autistischen Schülerin.
- Luca Spatz erhielt einen zweiten Preis in der Sparte „Musik – Soundclip“ für seine „couragiert reduzierte“ Komposition zum Kurzfilm „Papaver”.
- Und mit einem dritten Preis ausgezeichnet wurden Melina Albandopulos, Carina Dralle und Malan Yang in der Sparte „Short Film“ für ihren Kurzfilm „Spaß & Vernunft”, der die alltäglichen inneren Konflikte einer jungen Frau veranschaulicht.
Alle diese Produktionen sind Ausdruck dafür, in welch unterschiedlichen medialen Formen junge Erwachsene ihr Erleben verarbeiten.
Das P‑Seminar „Clever leben“ unter der Leitung von Schulpsychologin Karina Staffler entwickelte Ideen für eine zukunftsweisende Lebensweise unter dem Motto „Was ich alles nicht brauche“, wie der Schüler Julius Schmölzer erklärte. Die P‑Seminaristinnen und ‑Seminaristen gestalteten unter den Themen „Plastikfrei leben“, „Gesundheit und Ernährung“ und „Minimalismus“ einen Projekttag für die Klassen der 7. Jahrgangsstufe. An diesem konnten die Schülerinnen und Schüler der Unterstufe sich spielerisch mit den genannten Themen beschäftigen, indem sie unter anderem plastikfreie Kosmetik, wie einen Lippenbalsam, herstellten, vegane Gerichte kosteten oder über die Vielzahl an Dingen in ihrem Kinderzimmer nachdachten. „Cool“ sei das gewesen, so Paulina Schwarz, da die Siebtklässler so begeistert gewesen seien. All die Produkte präsentierten die Schülerinnen und Schüler des P‑Seminars den Besuchern und resümierten auch über ihre persönlichen Erfahrungen mit der Realisierung eines langfristigen Projekts: „Man unterschätzt leicht, was es nicht alles braucht, um etwas auf die Beine zu stellen“, so Benedikt Schätzle. „Doch das Spannende ist, zusammenzufinden und zu lernen, als Team miteinander zu arbeiten.“