Themen im Fach Griechisch
Zukunft braucht Herkunft.
Odo Marquard (1928 bis 2015), deutscher Philosoph und Publizist
Phase des Spracherwerbs und der Kulturbegegnung (8. bis 10. Jahrgangsstufe)
In der Phase des Spracherwerbs werden die Voraussetzungen für das Verständnis griechischer Texte geschaffen. In engem Bezug zu den Vorkenntnissen aus dem Lateinunterricht eröffnet das Fach einen vertieften und unmittelbaren Zugang zur griechischen Sprache und damit zu den geistigen Wurzeln der europäischen Kultur.
Bereits hier bilden die Inhalte der gelesenen Texte und die kritische Auseinandersetzung mit ihnen einen wichtigen Bestandteil des Unterrichts. Am Modell der Antike in den Bereichen Religion, Mythologie, Philosophie, Ethik, Politik und Geschichte sowie Wissenschaft und Kunst lernen die Schüler ihre eigenen Denkansätze zu reflektieren. Dadurch erfahren Persönlichkeitsentwicklung, kritisches Denkvermögen sowie die Fähigkeit zu logischer und ethisch fundierter Argumentation eine eingehende Schulung.
Wegbegleiter bei diesem Lernprozess ist das zweibändige Lehrbuch „Dialogos“. Es führt die Lernenden durch die geschichtlichen Phasen des antiken Griechenland von der kretischen Kultur über Athens Blüte im 5. Jahrhundert bis zu Alexander dem Großen und enthält eine Fülle anschaulicher Zugänge zur griechischen Welt in Übersetzungen, Übungen, Sachtexten, Hintergrundinformationen und reichem Bildmaterial.
Phase der grundlegenden Literaturbegegnung (10. bis 11. Jahrgangsstufe)
Im dritten Lernjahr, in Jahrgangsstufe 10, endet der Spracherwerb im Lehrbuch mit philosophischen Grundfragen der Griechen. Mit dieser Überleitung machen sich die Schülerinnen und Schüler auf zu Begegnungen mit großen und elementaren Themen und Werken der griechischen Literatur.
In den Mittelpunkt rückt zunächst Sokrates, die wohl wirkmächtigste Gestalt, die Athen je hervorgebracht hat. Dieser großen Persönlichkeit treten wir in den literarischen Werken seiner Schüler Platon und Xenophon gegenüber, die sein Wirken und seine Philosophie aufgeschrieben haben. Das große Thema des Sokrates – der Mensch auf der Suche nach Wahrheit – wird philosophisch, geschichtlich und biographisch erkundet.
Nach diesen Berührungen mit der Philosophie erleben wir bei Herodot, dem „Vater der Geschichtsschreibung”, einen weiteren Quantensprung des griechischen Denkens: Da bricht einer auf, um fremde Kulturen zu erforschen, begegnet Ägyptern, Skythen und Persern – und fängt dabei an, sensibel für sein eigenes Volk zu werden.
Mit dem ersten und prägendsten Dichter Europas, mit Homer, begegnen wir schließlich den Ursprüngen der europäischen Dichtung, ja der Weltliteratur. Die „Odyssee” erzählt die Irrfahrten des scheinbar unbesiegbaren Odysseus, dem auf einer mühevollen Reise erst die Grenzen seines Seins aufgezeigt werden, ehe er mit göttlicher Hilfe wieder Heimat und Geborgenheit findet. Wir erleben Menschen, deren Wesen uns in vielem so vertraut ist: Fremd- und Selbstbestimmung, Glück und Leid, Angst und Mut – meisterhaft erzählt.
Abgerundet werden diese Themenschwerpunkte durch den Themenbereich „Athen – Ursprung der Demokratie“, in dem unter dem Aspekt der politische Bildung auf die Ursprünge der europäischen Freiheits- und Verantwortungsideen geblickt wird, und zwar gleichermaßen verstehensorientiert wie kritisch.
Der Gang durch die Denkgeschichte der Griechen (Oberstufe, derzeit noch Q11/12)
Der Oberstufenunterricht im Griechischen stellt den Schülern und Schülerinnen die für die Entwicklung des westlichen Kultur entscheidenden Kerntexte vor.
Im ersten Jahr der Oberstufe (Q11) folgt der Lektüreweg den Meilensteinen des griechischen Denkens: Ausgehend von Homers „Ilias“, dem ältesten Dokument europäischer Literatur, wird die Entwicklung des Menschen von einem vorrangig außenbestimmten Wesen zu einem ich-bewussten Mitglied einer reflektierten Gesellschaft mitgegangen.
Bei Homer ist all das schon angelegt, was dann in den Stufen der griechischen Lyrik (Entdeckung des Selbst-Bewusstseins), der Naturphilosophie („Physik“ als Erkundung und rationale Deutung der Umwelt und der Naturphänomene) und der sogenannten „Sophistik“ (Nutzung der Gemeinschaft und der eigenen Talente zur Lebensgestaltung) entfaltet wird. Mit der Beschäftigung mit dem weltberühmten „Prozess des Sokrates“ und der Autonomie des wahren Philosophen endet das erste Oberstufenjahr.
Die Gestalt der Antigone, die Frage nach Einordnung und Widerstand, eröffnet das zweite Jahr der Oberstufe (Q12). Das berühmte Drama des Sophokles führt zugleich vor Augen, wie die griechische Bühne bis auf den heutigen Tag unsere Vorstellung von Theater und Dramatik mitprägt.
Nach einer Auseinandersetzung mit der griechischen Geschichtsphilosophie beim Historiker Thukydides und seiner ersten Analyse über das Wesen der Politik tritt Platon in den Mittelpunkt: In seinem großen Werk über die Staatskunst wird seine Philosophie und sein epochales Denkgebäude in der Begegnung mit Kernstellen sichtbar gemacht.