Theresienstadt: Gemeinsam erinnern für die Zukunft
Der Weg nach München ins NS-Dokumentationszentrum startete für die 10b am 13. Juni 2024 schon morgens am Augsburger Hauptbahnhof, um dort an einem außergewöhnlichen Angebot teilzunehmen. Das Projekt „Ich wandre durch Theresienstadt” schafft eine Verbindung zwischen Geschichte, Musik und Kunst.
Im Anschluss an eine informative Führung durch die Dauerausstellung des NS-Dokumentationszentrums teilten sich die Schülerinnen und Schüler von St. Stephan und die 11. Jahrgangsstufe des Gymnasiums Holzkirchen jeweils selbst einem Schwerpunkt zu, um für eine abendliche Aufführung schöpferisch tätig zu werden: Kreatives Schreiben, Schauspiel und Film.
In den angebotenen dreistündigen Workshops arbeiten die Jugendlichen intensiv und kreativ. Unterstützt von der Musik des „Ensembles Opus 45”, in dem auch ein Altstephaner mitspielt, Benjamin Comparot, schreiben sie Gedichte oder studieren chorisches Sprechen ein. Die Stücke, die das Ensemble spielt, stammen von Komponisten wie Pavel Haas, Victor Ullmann und Hans Krása, die allesamt im NS-Konzentrationslager Theresienstadt inhaftiert waren.
Theresienstadt galt als nationalsozialistisches Vorzeigeghetto, was uns aber heute nicht dazu verleiten sollte, zu glauben, es sei dort weniger grausam gewesen. Die Schülerinnen und Schüler reflektieren die Veränderung, die durch die Musik bei ihrem Schreibprozess ausgelöst wird. In Zusammenarbeit mit einer der wenigen noch lebenden Zeitzeuginnen, Edith Erbrich, werden – auf der Basis von Texten aus Theresienstadt – die Schicksale der Inhaftierten beleuchtet und ihnen ein Andenken gesetzt. Die Dramaturgin, Kathrin Liebhäuser, betont, dass die Künstler in Theresienstadt zweifach getötet wurden: Einmal als Menschen und einmal als Künstler.
Inszeniert durch den Schauspieler Roman Knizka wurden abends im Konzert des Ensembles Opus 45 in der Isarphilharmonie auch die Texte und das Schauspiel der Schülerinnen und Schüler eingebaut. Die Texte, die vormittags verfasst worden waren, trug Knizka somit bereits am selben Abend in einer Auswahl vor großem Publikum vor. So konnten die Schülerinnen und Schüler selbst sowohl passiv als auch aktiv als Akteure auf der Bühne stehen, indem sie Elemente der durchaus bekannten Kinderoper „Brundibar” von Kràsa vortrugen. Beeindruckend nah kommt einem das Schicksal all der Menschen, die der nationalsozialistischen Ideologie zum Opfer fielen.
Gemeinsam mit dem Dresdner Jugend und Kulturprojekt e.V. und gefördert durch die Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) realisiert das Ensemble Opus 45 dieses Projekt und leistet damit einen umfassenden Beitrag zur historisch-politischen Bildung.
Die nächtliche Rückfahrt im überfüllten Zug wurde schließlich auch zum Erlebnis, da einen Tag vor dem Eröffnungsspiel der Europameisterschaft in München schon zahlreiche Schotten angereist waren und die Heimfahrt zum interkulturellen Erlebnis für beide Seite wurde.
Ein (langer!) Tag, der allen Beteiligten in Erinnerung bleiben wird!