Tiefgekühlte Detektive in Berlin
Nach Berlin soll Tony (wunderbar schlitzohrig gespielt von Julian Hieble) fahren und seine Oma besuchen. Eigentlich jetzt – kurz vor den Sommerferien – kein ungewöhnliches Unterfangen, aber Tony zieht die Probleme irgendwie an. Er handelte sich Ärger ein, als er den Augsburger Herkulesbrunnen mit Farbe „verschönerte“, und auch im Zug landet er wieder im Abteil mit einem zwielichtigen Typen (gespielt von Johannes Schedlbauer). Ganz geheuer ist ihm die Situation nicht, denn er versucht krampfhaft wach zu bleiben, doch kurz vor Berlin übermannt ihn der Schlaf und der Mitreisende stiehlt ihm tatsächlich sein gesamtes Geld: 140 Euro.
So schliddert Tony, noch gar nicht angekommen in Berlin, bereits wieder in Probleme hinein. Und Pfiffikus Tony wäre nicht Tony, wenn er dies auf sich sitzen ließe. So steigt er aus dem Zug, um dem Übeltäter zu folgen, und ist wildentschlossen, sich sein Geld bei passender Gelegenheit zurückzuholen. Nicht ganz einfach in so einer riesigen Großstadt, aber zum Glück wird er auf seinem Beobachtungsposten von Mitgliedern einer Kinderbande beobachtet. Natürlich springen die Mädchen und Jungen Tony sofort zur Seite und es beginnt eine rasant inszenierte Verfolgungsjagd quer durch Berlin.
Pfiffige Theaterideen
Diese ist so lustig und voller kreativer Theaterideen, dass das Publikum aus dem Lachen nicht mehr herauskommt. Da werden die Wände im Hotel, Bankautomaten oder Drehtüren plötzlich lebendig, „gespielt“ von den Schülerinnen und Schülern. Sie heften sich an die Fersen des Diebes, verfolgen ihn in S‑Bahn und Taxi – ebenfalls großartig dargestellt in einem bewegten Gruppenbild auf der Bühne, das sich dann plötzlich in den Zuschauerraum begibt und an den Stuhlreihen vorbeibraust. Tony lernt auf diese Weise alle Facetten der Großstadt kennen und trifft die unterschiedlichsten Menschen: Obdachlose, Mütter mit Kindern, Hundebesitzer, Fußballfans und zum Schluss sogar Angela Merkel, die Bundeskanzlerin (herrlich mit Maske und Raute dargestellt von Merlin Greve).
Denn der Dieb, den die tiefgekühlte Bande (eine Bande braucht schließlich einen Namen und praktischerweise essen alle gerne Pizza) am Ende festsetzt, wird schon seit langem in der Hauptstadt gesucht. Aber weder Polizei noch Geheimdienst konnten ihm bisher auf die Spur kommen und ihn dingfest machen. Dank des mutigen und beherzten Einsatzes von Tonys neuer Bande und ihrem Chef Jason (Moritz Blank) hat die Kanzlerin nun eine Sorge weniger, Tony sein Geld zurück und auch seine Cousine Emily (sehr präsent gespielt von Carla von Mirbach) einen, nein, eigentlich zwei neue Verehrer.
Liebling des Abends
Jede Aufführung entwickelt natürlich einen Publikumsliebling. In diesem Jahr fiel diese „Auszeichnung“ Tonys Oma zu, die von dem ganzen Wirbel eigentlich nichts wahrnimmt und fest daran glaubt, dass die Verspätung des Enkels einem Treffen mit der Kanzlerin geschuldet ist. In dieser kleinen, aber feinen Rolle konnte Marcel Wiench mit grauer Perücke und Rollator sein komödiantisches Talent voll und ganz ausspielen – und wurde dafür mit Lachsalven und einem Riesenapplaus belohnt.
Große Spielfreude und eine tolle Leitung
Wieviel Spaß die jungen Schauspielerinnen und Schauspieler an der Bewegung, am Sprechen und Ausfüllen ihrer Rollen sowie dem Agieren miteinander hatten, das konnte man an diesem Abend in der Großen Aula richtig spüren. Das hohe Tempo der Gruppenszenen entsprach genau dem schnellen Rhythmus des Großstadtlebens, aber auch der Neugier und Gespanntheit der jungen Zuschauer, was mit Tony als nächstes passieren würde. Bereits im sechsten Jahr leitete Sarah Hieber vom Eukitea-Jugendtheater die Theatergruppe in St. Stephan und brachte in gewohnt souveräner, zupackender und einfühlsamer Weise 25 Schülerinnen und Schülern in dieser gelungenen Inszenierung der Kästner-Adaption „Emil und die Detektive“ unter und zwar genau passend nach den jeweiligen Fähigkeiten und Temperamenten.
Und so durfte sich nicht nur Tony am Ende über neugewonnene Freunde freuen, sondern Mitschüler, Eltern und Lehrer über einen wunderbaren Theaterabend.