Verfemten Autoren wieder eine Stimme geben

  • Himmler aus IchundIch grüßt.
  • Anna Seghers liest.
  • Adrienne Thomas wird zum Leben erweckt.
  • Das Ensemble der Schülerinnen und Schüler aus der Q11, die die ausgewählten Texte szenisch interpretierten und präsentierten.
  • Nelly Sachs wird interpretiert.
  • Schüler der 9. Jahrgangsstufe lauschen aufmerksam den Darbietungen der Q11.
  • Schüler proben Else Lasker-Schülers Drama IchundIch.

Wie kann denn immer nur mir so was passieren? Weil ich eine der wenigen bin, die nicht einfach alles über sich ergehen lässt, ohne irgendetwas zu sagen, sondern weil ich zur Minderheit gehöre, die sich wehrt?“

Mit diesem Eintrag ins Tagebuch versuchte die deutsche Autorin Anna Seghers zu verstehen, was ihr mit Beginn der NS-Herrschaft 1933 in Deutschland widerfahren war: die eigenen Bücher verbrannt, sie selbst kurzzeitig verhaftet, der Gatte im Ausland später interniert. Bei der Gedenkveranstaltung zum Jahrestag der Bücherverbrennung vom 10. Mai 1933 stellten Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums bei St. Stephan verfolgte Autorinnen in den Mittelpunkt, um deren Lebensbrüche während und nach der NS-Zeit erfahrbar zu machen.

Flucht, Heimatverlust und Schrecken — szenisch inszeniert 

Anna Seghers‘ Schicksal steht damit beispielhaft für das vieler deutscher Autorinnen und Autoren, deren Schriften mittels der Schmähung wider den undeutschen Geist“ aus Büchereien und Bibliotheken entfernt worden sind. Geschätzte 12400 Titel galten als geächtet. Neun Gymnasiastinnen und Gymnasiasten der 11. Jahrgangsstufe erweckten nun literarische Texte von Anna Seghers (19001983), Nelly Sachs (18911970), Mascha Kaléko (19071975), Adrienne Thomas (18971980) und Else Lasker-Schüler (18691945) zum Leben und kontrastierten sie mit Tagebuch-Einträgen, um Verfolgung, Flucht, Heimatverlust und Verarbeitung der Schrecken den Schülerinnen und Schülern der 9. Jahrgangsstufe in dieser alljährlichen Gedenkveranstaltung, die mittlerweile Tradition und somit Teil der Erinnerungskultur am Gymnasium von St. Stephan geworden ist, im szenischen Spiel vor Augen zu stellen. Engagiert und einfühlsam zeigten sie ihren Zugang zu selbstgewählten und frei bearbeiteten Texten aus der Liste verbrannter Bücher“. Und so war der Ton, der die Veranstaltung prägte – ganz im Sinne der verfolgten Autorinnen – nachdenklich, trauernd, kämpferisch, hoffnungsvoll und kritisch bis zuletzt.