Vom Heldentum des Miteinanders
Sankt Ulrich ist in Augsburg ein vielsagendes Stichwort: Da ist die große Basilika am südlichen Ende der Kernstadt – sie war über Jahrhunderte der Ort eines mächtigen Benediktinerklosters. Und da ist der große Bischof Ulrich – er gründete im Jahr 969 das Kloster St. Stephan.
Auf diese Bezugspunkte stieß in diesem Jahr im Rahmen der Ulrichswoche die Gemeinschaft von Kloster und Gymnasium St. Stephan: Beim Wallfahrtsgottesdienst der Benediktiner nahm Abt Theodor Hausmann den „Helden” Ulrich in den Blick und verglich zwei Darstellungen. Am Brunnen vor dem Dom steht Ulrich im Zentrum einer Heiligengruppe als machtvoller Reiter und Streiter, der Künstler greift erkennbar auf Heldendarstellungen und Reiterstandbilder zurück.
Ein völlig anderer Ulrich findet sich in der Deutschen Chronik des Jakob Twinger von Königshofen, entstanden Mitte des 15. Jahrhunderts in Augsburg. Die Buchmalerei zeigt, „wie Sankt Ulrich Sankt Stephans Kloster stiftet und baut”. Und zu sehen ist ein Mann im Hintergrund, der ganz selbstverständlich Mitarbeiter und „Anpacker” hat.
Diese Spuren des Miteinanders als Form des geistvollen, in Gott fundamentierten Lebens deckte Abt Theodor auch in den Bibeltexten des Tages auf: Gott will keine Knechte, die sich nur unterordnen und dabei ihre Freiheit ablegen müssen. Gott stellt Menschen auf ihre eigenen Füße, wie es das Buch Ezechiel sagt.
Die abendliche Feier von Kloster- und Schulgemeinschaft St. Stephan gestaltete das Blasorchester des Gymnasiums unter Leitung von Alexander Wolf mit Instrumentalstücken und Chorälen, an der Sandtner-Orgel spielte Altstephaner Valentin Ferber (Absolvia 2022). Aus den Reihen der großen Stephaner-Familie kamen auch die Lektoren und die vielen Hände, die das Evangelienbuch in einer langen Reihe zur Altarinsel brachten, wo es Diakon Artur Waibl (Absolvia 1988) entgegennahm.
Die stimmige, gut besuchte Feier endete – einer langen Tradition folgend – mit der Verteilung von kleinem Hefegebäck in Form von Fischen, die auf die Ulrichslegende verweisen und in der Klosterküche von St. Stephan für alle Gäste des Gottesdienstes gebacken worden waren. Die enge Verbundenheit des staatlichen Gymnasiums und der Benediktinerabtei kam auf ganz stimmige Weise an diesem Abend zur Geltung.